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manuel aldana
Manuel Aldana

Erster Kontakt

Hier ein kleiner Ausflug in die Vergangenheit als Zivildienstleistender im Ausland von Juli 2000 bis August 2001 in Schottland Aberdeen, den ich etwa 2002 verfasst hab:

First contact

So Entschluß gefasst, keine Lust mehr auf ständig in Berlin zu sein, also ab ins Ausland, aber wie? Hmm, mitten im Abi, also steht da wohl nur die Option nach der Schullaufbahn, aber dann schon möglichst direkt. Sehr gut, denn es ist möglich, den Zivildienst im Ausland zu absolvieren. Ãœber Ecken und Kanten rausgefunden, dass man(n) seinen Zivi im Ausland abfertigen kann. Zwar 13 Monate anstelle von 11 in Berlin, aber geht schon in Ordnung, dann ist man ja wieder pünktlich zum Studiumsanfang im Oktober da.

So, über Broschüre erster Kontakt mit “Camphill”… komisches Wort. Direkt übersetzt so viel wie “ein Camp auf einem Hügel…” klingt nach einem komischen Konzept… Naja, erstmal alles durchlesen. Eine Zusammenfassung: Camphill ist eine heilpädagogische Einrichtung, die sich an Rudolf-Steiner orientiert, also ein Zusammenleben mit geistig und körperlich behinderten Menschen in einem anthroposophischen Walldorf-Umfeld zum Ziel hat. Naja, Walldorf, Rudolf-Steiner sagt mir nichts wirklich. Hab mir sagen lassen, dass die im Einklang mit der Natur leben, die Ursprünge des Menschen in der Entwicklung fördern wollen, rechte Winkel hassen, nicht so auf Fernsehen stehen und es in der Schule keine Noten gibt. Natur und Ursprungs-Entwicklung sagt mir null, aber mal ein Jahr ohne Fernsehen ist doch ganz okay, und von Zensurenhascherei halte ich im Laufe des Abiturs mittlerweile auch nicht mehr viel.

Der Entschluss fiel demnach relativ schnell, dass ich das durchzieh. In der Broschüre gab es dann eine weite Liste von den ganzen Camphill-Einrichtungen der Welt. Am besten in ein englisch-sprachiges Land, das hilft einem nach den doch mageren Englisch-Unterricht Ernüchterungen weiter, wo man ‘past tense präsentiv futurus’ dritter Ordnung zwar kannte, dennoch eine Englisch Unterhaltung in der Öffentlichkeit unmöglich war. Jetzt fehlte nur noch das Land. USA etwas weit weg und außerdem klingt das Englisch dort nicht wirklich prickelnd… Aber wie wärs mit Schottland, war sofort sympathisch: Landschaft wunderbar und netter Englisch-Akzent, außerdem war die Einrichtung im Gegensatz zu vielen anderen ziemlich nah an der dritt-größten Schotten-Stadt Aberdeens gelegen (20 minute bus-ride), insofern würde ich nicht komplett ein Jahr ohne Stadtleben auskommen müssen.

aberdeenMap

Adressdaten rausgeschrieben, Bewerbungs-Unterlagen angefordert, innerhalb von 2 Wochen u.a. mit einem verschmitzten Lächeln-Bewerbungsfoto zurückgesendet und gewartet. Eineinhalb Monate später kam die Antwort und wurde glücklicherweise angenommen! Sogar ein Video, das gerade produziert wurde war dabei, um erste visuelle Eindrücke zu erhalten.
Musterung

Musterung

Ohne Musterungsbescheid natürlich keine Freigabe für den Ersatzdienst im Ausland. Also ab zur Musterung: Adresse war im tiefsten Köpenick in der Oberspreestrasse. So lang war ich mit der BVG wohl noch nie unterwegs. Im Amt dann komische Atmosphäre. Lauter Leute, die in Uniform und knirrschenden Lederstiefeln durch die Gegend rannten und Leute ins Zimmer riefen. Das kurioseste Zimmer, nein falsch, korrekter gesagt die kurioseste Untersuchung war beim Orthopäden, zunächst bunte Zahlen in Büchern richtig erkennen und dann plötzlich “Bücken und Husten”. Weil alles so schnell ging, hab ich nicht wirklich überlegt und dem Befehl im Bundeswehramt folge geleistet, dann aber doch sofort gefragt, wozu das denn gut sein soll. Antwort kam prompt: “Ziel ist herauszufinden, ob jemand einen Leistenbruch hat.” Naja…

Ansonsten verlief die gesamte Untersuchung stressfrei und unproblematisch, nur der lange Weg nach Hause war wie die Hinfahrt: ermüdend. Achso: Hab Eignungsstufe T2 verpasst bekommen, leichte O-Beine wegen zu vielem Fussballgespiel… Egal, jetzt war der Weg frei für Schottland!

Freiburg

Was soll ich in Freiburg ich will nach Schottland!! Dann aber weitergelesen und erkannt, dass es sich nur um eine Schulung für den Auslandsdienst handelt. Also  Anfang April ab mit der Bahn dorthin. Aus dem Zug ausgestiegen und fast vor Hitze geplatzt, Freiburg verdient wirklich den Ordnen der wärmsten Stadt Deutschlands, Berlin 14, Freiburg 21 Grad, einfach unbeschreiblich! Schulung dauerte drei Tage, Essen etc. Unterkunft, Betreuung nett, aber Lehrinhalte teils eigenartig. Die Walldörfler Fraktion scheint doch komischer als gedacht. Am Abend immer in die Innenstadt, die Geschichten über Freiburg sind übrigens wahr: lauter Fahrräder, nette Menschen, luschtiger Akzent. Insgesamt hat sich der Ausflug sehr gelohnt. Nur unsere Jungs (mit subjektiv/objektiv Tortentrainer Erich Ribbeck) haben verloren. 0:1 gegen England.

Die 4 Jahreszeiten des Camphill

Bei den Camphill Menschen ist das Jahr anders organisiert. Es gibt nicht wie für mich nur einen Sommer und die böse kalte Jahreszeit, sondern das Schuljahr ist in 4 sogenannte Terms gesplittet. Zwischen diesen Terms gibt es dann Ferien, die eine Woche bzw. im Sommer 2 Wochen andauerten. Ganz schön wenig, wenn man mal den Arbeitstag (6 Tage die Woche) auf 15 Stunden ansetzt. Naja ein Jahr wird das schon gut gehen.